Klaus Vogelgesang -Arbeiten auf Papier

13. Mai – 01. Juli 2023

Opening: Freitag, den 12.05.,  19:00 – 22:00 Uhr  (7 pm – 10pm)

Vortrag und Führung (Thomas Sterna):  27. Mai um 15 Uhr

Lecture and guided tour (Thomas Sterna): May 27 at 3 p.m.

Finissage: Montag den 3.7. von  18 bis 21 Uhr (6pm – 9 pm)

 Öffnungszeiten:  

Freitag: 16-19 Uhr  / 4 –  7 pm

Samstag: 13-17 Uhr / 1 – 5 pm

und nach telefonischer Vereinbarung

unter 0171 3173041

„standfest“, 2020 / 200 x 150 cm / acrylfarben und kreiden auf karton 

„standfest“, 2020 / 200 x 150 cm / acrylic paints and chalks on cardboard

Der Zeichner Klaus Vogelgesang hat über ein halbes Jahrhundert lang die Kunst in Berlin entscheidend mitgeprägt. Geboren am 27. April 1945 in Radebeul, siedelte er 1965 nach West-Berlin über. Seit den 1970er Jahren gehörte er zu den „Kritischen Realisten“, die in der Tradition der „Veristen“ der 1920er Jahre gesellschaftliche Auswüchse in den Blick nahmen. Die Faszination, die sich bei Betrachtung von Vogelgesangs Bildern einstellt, beruht auf der Hervorrufung voyeuristischer Instinkte angesichts der mit sinnlicher Stofflichkeit reproduzierten Hässlichkeit des gemeinen Spießbürgers.

Mitte der 1980er Jahre trat eine Zäsur im Schaffen Vogelgesangs ein. Bis dahin setzte er sich mit der äußeren Welt auseinander, nun mit der eigenen inneren Realität. Damit ging eine zurückgewonnene Freude am Spiel mit Formen und Farben und eine erhöhte Bereitschaft zum künstlerischen Experimentieren einher. In dem Maße, wie eine konkrete Figuration aus dem Bildgeschehen zurückgedrängt wird, erobert die Farbe den Bildraum, eine Farbe von fluoriszierend-irisierender Leuchtkraft. Der frühere Bühnenraum hat sich in einen imaginären Raum verwandelt, der ort- und zeitlos ist. 

For over half a century, the draftsman Klaus Vogelgesang has had a decisive influence on art in Berlin. Born on April 27, 1945 in Radebeul, he moved to West Berlin in 1965. Since the 1970s, he belonged to the „Critical Realists“ who, in the tradition of the „Verists“ of the 1920s, focused on social excesses. The fascination that arises when viewing Vogelgesang’s images is based on the evocation of voyeuristic instincts in the face of the ugliness of the common bourgeois reproduced with sensual materiality.

In the mid-1980s, a caesura occurred in Vogelgesang’s oeuvre. Until then he had dealt with the external world, now with his own inner reality. This was accompanied by a regained joy in playing with forms and colors and an increased willingness to experiment artistically. To the extent that concrete figuration is pushed back from the pictorial scene, color conquers the pictorial space, a color of fluorescent-iridescent luminosity. The former stage space has been transformed into an imaginary space that is placeless and timeless.

„Vogelgesangs Arbeiten führen einmal mehr mit aller Deutlichkeit vor Augen, dass digitale Abbildungen, wie sie heute über soziale Plattformen wie Instagram oder Facebook täglich hunderttausendfach geteilt werden, allenfalls eine Ahnung vom Original vermitteln können. Und das schon allein deshalb, weil das Handy, jenseits der Bild-Auflösungsproblematik Größenunterschiede verwischt und nicht in der Lage ist, die physische Präsenz einer großen Arbeit mit ihrer Nah- und Fernwirkung zu vermitteln. Vogelgesangs Bildobjekte besitzen demgegenüber, wenn man sie im Original betrachten darf, das Potential, einen kontinuierlichen, nachhaltigen Rezeptionsprozess in Gang zu setzen. Insofern wünschen wir dieser Ausstellung viele neugierige Besucher*innen, die bereit sind, sich auf Vogelgesangs visuelle Verführungskunst intensiv einzulassen.“ (Thomas Sterna)

„Vogelgesang’s works once again make it abundantly clear that digital images, such as those shared hundreds of thousands of times a day on social platforms like Instagram or Facebook, can at best convey only a hint of the original. And that’s simply because the cell phone, beyond the problem of image resolution, blurs differences in size and is unable to convey the physical presence of a large work with its close-up and distant effect. Vogelgesang’s pictorial objects, on the other hand, have the potential, if one is allowed to view them in the original, to set in motion a continuous, sustained process of reception. In this respect, we wish this exhibition many curious visitors* who are willing to engage intensively with Vogelgesang’s visual art of seduction.“ (Thomas Sterna)

Geschäftsbriefumschläge:

„… die adressfenster in den geschäftsbriefumschlägen erinnern mich an die türchen der adventskalender meiner kindheit. ich begann mit den umschlägen zu spielen und zu arbeiten, indem ich sie überzeichnete und die briefmarken, das logo, die stempel etc. in das überzeichnen mit einbezog. material wie z.b. glanzbilder, illustriertenfotos oder eigene kl. kritzeleien schob ich dann unter das adressfenster, bis sich alles zu einem poetischen bildganzen fügte und so aus dem wegwerfumschlag etwas anderes, eigenes und neues wurde…“

business letter envelopes:

“… the address window in business letter envelopes remind me of the little doors in the advent calendars of my childhood. i began to play with the envelopes and include them in my work by drawing on them and adding postage stamps, a logo, other stamps, etc. next, i put material such as glossy images, magazine photos and my own small doodles in the envelope under the address window. everything eventually fused into a poetic complete image, and something destined for the dustbin transformed into something different, unique and new…”

Ausstellungsansicht Kunstverein Göttingen / März 2023

exhibition-view Kunstverein Göttingen / March 2023

Aus der Serie der „Schmutzigen Aquarelle“ (2011/2015) ca. 31,5 x 23 x 5 cm.

„…. ich „zeichne“ mit dem pinsel, „übermale“ mit kreiden und deckfarben, wische alles wieder weg, z.b. mit dem haushaltsschwamm, halte das blatt unter den wasserstrahl, übermale erneut, zeichne hinein, radiere und wiederhole das so lange, bis ein zustand erreicht ist, der meinem bildbedürfnis entspricht. damit belasse ich alle spuren des arbeitsprozesses, die sich auf der oberfläche als eine art „schmutzfilm“ eingegraben haben…“

work from the series „sloppy watercolors“ (2011/2015) ca. 31,5 x 23 x 5 cm.

“…. i ‘draw’ with a brush, ‘paint over’ with chalks and opaque paint, wipe everything away again with a sponge, for example; hold the sheet under running water, paint over more areas, draw on it, erase and repeat – until i have achieved a state that matches my pictorial needs. i leave all of the traces of the creative process that have worked their way onto the surface like a ‘layer of grime’ right where they are…”

Klaus Vogelgesang 2011  in seinem Berliner Atelier 

Klaus Vogelgesang 2011 in his studio in Berlin

Thomas Sterna : Einführungsvortrag – Göttingen – März 23